Ich bin auf dem niederbayerischen Pampa aufgewachsen. Ich glaub in der 7.Klasse, noch bevor ich mir selbst überhaupt Gedanken über meine eigene Sexualität gemacht hatte, hatte ich mich im Unterricht nicht negativ über Homosexuelle ausgesprochen. Daraufhin wurde ständig von beinahe der gesamten Klasse absurd und verletzend über meine Sexualität diskutiert, nichts war zu absurd. Meine Vorlieben , die ich damals noch nicht mal hatte, waren öffentliches Diskussionsthema. In der Sportumkleide gab’s ein Wettrennen, sich umzuziehen, bevor ich über halbnackte Schüler herfallen würde – so die Meinung aller. Ständige Witze darüber, dass ich die Seife fallen lassen würde. Und ab und an landete der gesamte Inhalt des Mülleimers im Klassenzimmer in meinem Rucksack. Mir wurden Titten an den Pulli gemalt und alles, was ich sagte, übertrieben nasal und feminin nachgeäfft.
Das ging teilweise bis zum Abitur und führte dazu, dass Sexualität für mich zu einem großen Tabuthema wurde…
…Erst Anfang 20 traute ich mich überhaupt, vorsichtig mich über Sexualität zu informieren, erst mit Mitte 20 redete ich mit Freunden über meine geheimgehaltenen, wenigen sexuellen Erfahrungen. Und als ich das tat, brach ein Teil meines niederbayerischen Freundeskreises wieder mit mir. Ich wurde nicht mehr auf Partys eingeladen, man machte Witze über mich … Das sind nur wenige Punkte, die ich erlebte, führten aber zu lebenslanger Verunsicherung. Zum Beispiel traute ich mich nie, irgendeine Form von echter Beziehung zu haben und fing an, mich bedeckt zu halten.
Ich hätte ein ganz anderes Leben führen können.
Jetzt bin ich Lehrer. Und für die queeren Kids meiner Schule bin ich die Bezugsperson, die ich nicht hatte.
Alex

