Juli 2024

Sei Du selbst, damit Du nicht zerbrichst.

Meine Mobbinggeschichte

Dieser Satz beschreibt ziemlich gut wie es mir in der Vergangenheit ergangen ist.

Alles Begann im Jahre 2008 mit einer weitestgehend soliden Beziehung zu einer Frau, mit der ich später verheiratet sein sollte und ebenfalls zwei Kinder in die Welt setzen würde. Mit der Zeit veränderte sich diese Beziehung doch schleichend, so dass ich es gar nicht so recht mitbekam und mich vielleicht auch nicht ausreichend damit auseinander gesetzt habe. Jedenfalls wurde mir Stück für Stück die ansonsten große Lust an Konzerten und Festivals genommen, indem immer wieder versucht wurde, dass ich solche Aktivitäten auf eine Minimum reduziere und auch im Vorfeld sowie im Nachhinein wurden mir die Besuche dann auch schlecht geredet und mir ein schlechtes Gewissen gemacht, dass ich mich amüsiert hätte. Angebote, dass meine Frau auch gerne mal mit ihren Freunden Spaß haben solle und ich mich schon um alles andere kümmern würde, wurden fast immer abgelehnt.

Auch der Spaß an Computerspielen wurde mir auf eine ähnliche Weise genommen, obwohl im Jugendalter sehr viel Freude daran hatte und mich auch regelmäßig mit meinen Freunden zu LAN-Party verabredet habe und so viele tolle Momente erleben durfte.

Unterdrückung und Bevormundung

Nach der Geburt unseres ersten Kindes wurde schnell klar, dass sich auch unsere gemeinsamen Ziele und Weltanschauungen voneinander entfernten. Meine Frau interessierte sich immer mehr für die Weltanschauung der Waldorf-Pädagogik, mit der ich bis heute nicht all zu viel anfangen kann. Weitere Interessen lagen im Bereich des Gebären wie etwa einer Hausgeburt oder auch einer Lotusgeburt. (hier verbleibt die Nabelschnur samt Plazenta am Kind, bis sie von alleine nach ca. einer Woche abfällt).

Es gab zwar gemeinsame Überlegung ein Haus zu kaufen oder zu bauen, jedoch bei den Finanzen wurde ich indirekt allein damit beauftragt diese Belastung zu
stemmen.

Die Unterdrückung und Bevormundung nahm weiter ihren Lauf, in dem mir exemplarisch Barfuss-Schuhe gekauft worden sind, die ich wiederholt zuvor abgelehnt habe. Schließlich ließ ich mich sogar dazu erweichen, diese anzuziehen und einen Tag lang Probe zu laufen mit demselben Ergebnis wie zuvor – sie gefielen mir nachwievor nicht.

Äußerung von Kritik in jeglicher Form wurde im Keim erstickt und sofort mit Gegenvorwürfen gekontert. Dies führte schließlich dazu, dass ich den Mund immer seltener aufgemacht habe, um die negativen Situationen zu vermeiden, da ich von Haus aus ein Harmonie bedürftiger Mensch bin.

Dass all das kein gutes Ende nehmen würde, sehe ich heute mehr als deutlich. So kam es dann auch, dass ich mich in einer depressiven Episode wiederfand, aus der es nun galt wieder zu entkommen.

Mir dies einzugestehen fiel mir allerdings merklich schwer. Immer und immer wieder stellte ich mir die Frage, wie es sein könne, dass ich an einer Krankheit wie Depression erkranken könne? Doch mit der Zeit, Impulsen von außen und einer App, in der ich regelmäßig meine Stimmung dokumentierte, lernte ich die Krankheit zu akzeptieren und suchte mir ärztliche Hilfe. Was mir jedoch weiterhin unklar blieb, waren die Gründe dafür wieso ich daran erkranken konnte, warum ich so niedergeschlagen war, warum ich so antriebs- und lustlos war. Mit externer Hilfe von Therapeuten fand ich schließlich den Grund hierfür: nämlich die inzwischen toxisch gewordene Beziehung zu meiner Frau und Mutter meiner Kinder. Was als Ahnung begann wurde nun Realität. Die Flucht aus dieser misslichen Lage schien unabwendbar, lediglich das wie bereitete mir noch ausreichend Sorge. Dadurch, dass ich immer wieder mit meiner Kritik gestoppt wurde, fiel es mir unwahrscheinlich schwer dieses ernste Thema anzusprechen. Weiterhin stellte ich mir die Frage, wie würden die Kinder (zu diesem Zeitpunkt 6 und 3 Jahre alt) mit der neuen Situation zu recht kommen? Würde ich es schaffen, nach 12 Jahren wieder auf eigenen Beinen zu stehen? All dies beschäftigte mich noch mehrere Monate und verstärkte die Depression weiter. Etwa 4 Monate nach einem Aufenthalt in einer Tagesklinik, ergab sich dann eine Streitsituation, die ich nutzen konnte, um der Beziehung ein Ende zu setzen. Ich flüchtete für ein paar Tage zu einem Freund, nutze die Zeit zum Nachdenken und um meine weitere Zukunft zu planen. Doch es kam alles anders: Nach nur 4 Tagen setzten meine Frau und ich uns nochmals an einen Tisch und beredeten die Probleme, suchten nach Lösungen wie es weiter gehen konnte und fanden schließlich einen Kompromiss, mit dem wir beide gut leben konnten, zumindest in der Theorie. Die guten Vorsätze, die wir gemeinsam gefasst hatten, hielten jedoch gerade einmal einen Monat an und dann verfiel das Leben wieder in die alten, unguten Muster und ich fand mich wieder dort wo ich zuvor gewesen war. Die Wiedereingliederung auf der Arbeit war gerade Ende Februar 2020 abgeschlossen und ich war mental wieder so gut hergestellt, dass die Arbeit an der Doktorarbeit und die anderen Tätigkeiten gerade wieder gut von der Hand gingen, dann wurde die Welt erschüttert. Das Corona-Virus verbreitete sich rasant über den ganzen Erdball, viele Menschen, so auch ich, wurden ins Home-office geschickt, die Kinder konnten nicht mehr in die Betreuung gehen, meine Frau, die auch in der Kinderbetreuung tätig war, blieb ebenfalls zu hause, so dass die einzige Zeit am Tage, an der ich mich aus der ausweglosen Situation mit meiner Frau entziehen konnte, nämlich die Arbeit, ebenfalls entfiel und ich wieder stärker in depressive Phasen fiel.

Die Gedanken in mir kreisten immer schneller und ich wusste, ich musste sehr bald handeln, sonst würde ich es nicht mehr lange auf dieser Welt aushalten. So fasste ich also ende Mai 2020 den Entschluss mit meiner Frau nochmals das Gespräch über unsere Beziehung zu suchen und unterbreitete ihr dann, dass ich die endgültige Trennung möchte.

Sie fasste es absolut nicht gut auf, konfrontiere mich weiter mit Vorwürfen, gab mir allein die Schuld an der ganzen Situation, doch all dies hielt mich nicht ab und ich konnte für die nächsten Monate bei einem Freund unterkommen und schaffte endgültig den Absprung aus dieser toxischen Beziehung.

JAMES! DEE! WEST!

Während dieser schweren Zeit jedoch, gab es auch einen Lichtblick am Horizont: JAMES! DEE! WEST!

Seit geraumer Zeit durchbrach ab und an ein buntes Wesen meinen sonst eher dunkel gehaltenen Kleidungsstil: Nämlich jener Glam Metal Rockstar, dessen Name weithin bekannt ist: James Dee West, seines Zeichens Diva und Spaßvogel, der sich selbst nicht zu Ernst nimmt und das Leben so genießt, wie es ihm präsentiert wird.

In diesem Alter Ego, dass sich ausschließlich auf Konzerten und Festivals zu erkennen gab, sollte ich viele tolle Momente erleben dürfen und feststellen, wie schön das Leben doch eigentlich sein kann. Mit der Zeit übertrugen sich die Charaktereigenschaften dieser Kunstfigur auf mich selbst und es mehrte sich in mir der Gedanke diese ungesunde Beziehung zu verlassen und mich nicht weiter unterdrücken zu lassen.

Diesem farbenfrohen, von mir selbst kreierten, Patronus, der meine wahres ich, das sich lange hat verstecken müssen, wieder freilegte, habe ich es zu verdanken, dass ich heute der Mensch bin, der ich sein will, ja schon immer war. Verstellen werde ich mich für niemanden mehr, das ist es auf gar keinen Fall wert. Man sollte immer die Person sein, die man in seinem tiefsten Inneren ist und so durchs Leben streifen. Sicherlich kann man es nicht jeden Menschen recht machen, wenn man der bleibt, der man nun einmal ist und sich nicht verbiegt. Aber genau das ist es wert! – Sollte man sich selber wert sein. Man sollte die Menschen einfach so akzeptieren wie sie sind, es gibt nur diese.

Auch heute, 4 Jahre nach der Trennung und Scheidung von meiner Ex-Frau, gibt es immer noch etliche Streitigkeiten und Zoff zwischen uns, aber eine Sache hat sich nun verändert. Die meisten ihrer Anfeindungen prallen am glänzenden Stoff meiner Leggings einfach ab. Ich gehe gestärkt aus dieser Beziehung heraus und kann mich besser behaupten als je zuvor. Einen großen Teil hierzu beigetragen haben meine Freundin Tine, die immer an meiner Seite stand und mit der ich über jedes Problem reden konnte sowie der Verein „Anders ?= Anders!“. Hier ist auch besonders die liebenswerte Pridecess in ihrer herzlichen Art zu nennen, die mich auch durch so manche Krise getragen hat und der ich unendlich dankbar dafür bin und es auch auf immer bleibe.

DANKE! - dafür, dass ihr für mich da seid!