Let’s talk about…

Und das mit mir als Papa – na dann schauen wir mal:

Wenn es gut läuft, entwickelt sich aus der romantischen Liebe auch die körperliche Liebe: Sex!

Liebe und Sex gehören zueinander. Nicht zwingend und nicht immer: Man kann Sex haben, ohne dass Liebe im Spiel ist und man kann sich lieben, ohne körperlich zu werden. Es kann aber beides auch Hand in Hand gehen, wenn aus dem ersten Date der erste Kuss erwächst, wenn die Zuneigung immer größer wird, wenn irgendwann das Verlangen übernimmt und die Liebe der Lust ihren Platz einräumen muss. Und ist es nicht schön, dass wir in einem Land und einer Zeit leben, in der gerade die jungen Menschen sich frei entfalten, sich ausprobieren und ihre Erfahrungen machen können?

Das war nicht immer so: Denken wir nur mal 100 – 200 Jahre zurück: Sex vor der Ehe? Gleichgeschlechtlicher Sex? Frauen, die ihrer Lust nachgehen dürfen? Das alles gab es damals nicht und wenn wir nicht aufpassen, werden die Fundamentalisten dieser Welt uns das auch wieder nehmen – Freiheit muss nicht nur erkämpft, sondern auch verteidigt werden.

Denn wie wir Liebe und Sex wahrnehmen, verändert sich immerzu und stetig. Im Moment spielt vor allem das Internet eine wesentliche Rolle. Es nimmt maßgeblichen Einfluss darauf, wie Jugendliche ihre Erfahrungen machen und wie gestandene Erwachsene neue Perspektiven entwickeln. Dabei gibt es vor allem zwei Faktoren: Pornos und Social Media!

Beide Themenfelder sind tatsächlich riesengroß und es gibt diverse Berührungspunkte, bei denen der Einfluss wirksam ist. Nicht umsonst wird von der „Generation Porno“ gesprochen und geschrieben. Nicht umsonst ist für alle wahrnehmbar, dass die Social Media tatsächlich das gesamte Soziale Leben umpflügen. Es könnten diverse Studien über diese Themen gemacht und dutzende von Büchern geschrieben werden – und wahrscheinlich ist dem auch so.

Tinder

Ich bin nun wirklich kein Sozialforscher – aber mich hat eine gewisse Neugier gepackt, als ich von dem Phänomen „Tinder“ gehört habe. Und nur für diesen Artikel habe ich mir nun die App installiert. Schauen wir doch mal, was wir so entdecken können.

In meiner Wahrnehmung war Tinder, als es auf den Markt kam, der Inbegriff der Vermarktung von Sex. Über Tinder konnte man sich laut Medienberichten zwanglos zum Hormonabbau treffen und anders als bei anderen Dating-Services ging es wohl nicht darum, eine romantische Liebesbeziehung zu formen. Das macht die Sache insgesamt etwas einfacher. Und so empfinde ich auch heute das ganze Prinzip als eine sehr „effiziente“ Fleischbeschau. Ja, zumindest heute präsentiert sich Tinder beim Installieren der App und der Erstellung des Accounts als eine Plattform, die einfach Menschen vernetzen möchte. Hat Sie das schon immer getan? Ich weiß es nicht.

Aber bei der Account-Erstellung werde ich erst nach meiner sexuellen Orientierung gefragt und danach ob mir Männer, Frauen oder beides angezeigt werden sollen. Ich wähle „hetero“ und „alle“ an und bekomme dann quasi nur Frauen angezeigt… Bei vielen stehen dann solche Sachen wir „keine ONS“ oder „keine F+“. Es scheint also so, dass es tatsächlich Menschen gibt, die Tinder nutzen wollen, um einfach nur andere Menschen kennenzulernen und die Idee, eine(n) Sexpartner(in) zu finden, steht klar im Vordergrund.

Was Neues?

Ist das Prinzip überhaupt was neues? Nö!

Schon in meiner Jugend – ohne Internet – gab es Chiffreanzeigen in Zeitungen und Kontaktbörsen. Es gab und gibt Heiratsvermittlungen und wir alle haben schonmal versucht, zwei Menschen zu verkuppeln. Wenn man ausgeht, weiß man vorher, ob man in einen „Abschlepp-Club“ geht oder nicht. Was macht Tinder also an dieser Stelle so anders?

Nun, wir haben hier einen klassischen Digitalisierungseffekt. Es wird etwas aus der normalen Welt genommen und digital abgebildet. Dabei bleibt das Prinzip erhalten, aber der Durchsatz so effizient, dass es sich wie etwas vollständig Neues anfühlt. Es geht alles sofort und liefert unmittelbar Ergebnisse. Aber gehört zum Finden von Menschen, die zu einem passen, nicht auch der Weg dahin mit dazu?

Bei Tinder ist es eine Frage von Sekunden. Ich sehe ein Bild und kann im Bruchteil einer Sekunde entscheiden, ob ich die Person mag (nach rechts swipen), wirklich super mag (nach oben schieben) oder nope (nach links swipen) – dann kommt die Nächste. Ist schon merkwürdig, dass das „nope“ die gleiche Bewegungsrichtung wie eine Backpfeife hat, wenn man rechtshändig ist…

Wenn zwei Personen sich gegenseitig einen Like gegeben haben, gibt es einen Match und der Kontakt geht gegen den Einwurf barer Münzen weiter.

Soweit habe ich es nicht kommen lassen, da ich zum einen kein Interesse habe und zum anderen auch kein Geld ausgeben wollte. Und da das hier ja nur ein Test gewesen ist, möchte ich auch nicht Hoffnung bei einer anderen Person wecken.

Verbreitung

Ich weiß nicht, wie viele Menschen tatsächlich Tinder nutzen. Aber meine Kinder bestätigen mir, dass „ganz viele“ aus ihren Freundeskreisen auf Tinder seien – wieso auch nicht? Datenschutz ist auch kein Thema, denn es ist doch total praktisch, wenn ich mein Adressbuch teile und dann nennen kann, wem ich nicht begegnen möchte. Wäre ja auch peinlich, dem eigenem Lehrer oder einer Arbeitskollegin auf Tinder zu begegnen… Das wiederum wirft schon die Frage auf, wie oft meine Kontaktdaten von jemand anderem an Tinder übergeben wurden, damit ein solcher „unangenehmer Kontakt“ vermieden wird…

Eine Bewertung

Es fällt schwer, eine abschließende Beurteilung vorzunehmen. Denn es ist offensichtlich, dass es eine massive Veränderung in unserem Sozialleben und unserem Umgang mit Sexualität und Liebe gibt. Doch ist das jetzt etwas Schlimmes oder ist es einfach nur der normale Übergang von einer Generation zur nächsten Generation?

Ich weiß es nicht. Ich finde es aber schade, dass das Kennenlernen von neuen Menschen – sei es nun, um eine Beziehung aufzubauen oder um unverbindlichen Sex zu haben – zur gleichen Erfahrung wird, als wenn ich bei Amazon nach einem Bleistift suche: schnell Urteilen, weiterswipen und dann eine schnelle Lieferung bekomme – Soll es das gewesen sein?

Ist es wirklich schön, das Spiel aus verstohlenen Blicken, zarten Komplimenten oder auch lustigen Anmachsprüchen durch Likes und Mega-Likes zu ersetzen? Ich glaube, dass hier eine Menge verloren geht und wir noch gar nicht erahnen können, wie nachhaltig unsere Beziehungen zu diesen Themen umgekrempelt werden.

Aber eines wird immer gleich bleiben: Die Themen „Liebe“ und „Sex“ werden uns immer interessieren und sie werden immer ein Thema der Jugend sein. Und nur, weil sich die Jugend dem Ganzen auf anderen Pfaden nähert, als wir es getan haben, dürfen wir nicht aufhören, hinzuschauen und darüber zu reden…

cK

Das Beitragsbild basiert auf: Foto von cottonbro von Pexels


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