Gibt´s für Dich eine Rose? (Der Bachelor-Effekt)

Die Rose haben oder nicht haben – das ist hier die Frage.

Wirst Du die alles entscheidende Rose kriegen? Hast Du sie Dir verdient?

Seit 2003 haben 11 Bachelor und circa 240 Kandidatinnen unsere Fernseher geziert. Von Drama zu Liebeserklärungen und Tränen – die große Show um die “Liebe” bietet alles, was unser Herz begehrt. Doch wie konnte sich der Bachelor in unsere Herzen schleichen?

Achtung: Dieser Artikel kann Spuren von Ironie und Sarkasmus enthalten. Fragen Sie bei Nebenwirkungen Ihren Arzt oder Apotheker.

Die Erfolgsmasche “Bachelor”

Der Bachelor ist die perfekte Serie – und zwar für alle. Alle? Ja, denn egal, ob man ein vereinsamter Single oder ein Reality-TV-Pro ist, eine komplizierte Beziehung oder seit 20 Jahren eine Ehe führt – der Bachelor begeistert. Es ist die Traumvorstellung, die einen gewissen Charme hat. Wer hat denn nicht schon einmal davon geträumt, auf einer fabelhaften Insel die große Liebe zu finden und mit ihr Pina Coladas beim Sonnenuntergang zu trinken? Diese Phantasie wird uns verkauft. Die Individualität der einzelnen Bachelor scheint hier nicht besonders wichtig zu sein, rein die Rolle ist von Bedeutung. Es ist ja schließlich auch der Bachelor, ein Ideal. Trainierte Körper und charmante Persönlichkeit sind natürlich inklusive.

Der “Bachelor-Effekt”

Es ist genau dieser Traum, der unser Inneres so sehr anspricht. Von klein auf wird uns immer wieder vermittelt, dass es essenziell wäre, den oder die TraumpartnerIn zu finden. So machen viele sich schon als Kinder den Druck, die perfekte Beziehung einzugehen. Schnell wird mal erwähnt, wie süß die beiden Kinder doch zusammen sind und, dass sie ein Traumpaar sind. Aber natürlich handelt es sich hier nur um die stereotypisch heterosexuelle Beziehung…

Die Möglichkeit, auf einer traumhaften Insel dann die einzigwahre Liebe zu finden, klingt mehr als verlockend. Es ist gar ein unablehnbares Angebot!

Das “Reality-TV-Material”

Die PartnerInnensuche gestaltet sich als eine unserer verinnerlichsten Begierden – und dies gilt selbstverständlich auch für die Kandidatinnen. Ihnen wird der Bachelor als das perfekte Angebot aufgetischt. Doch wo es ein Angebot gibt, herrscht auch ein Konkurrenzkampf um dieses. Wer darf auf das nächste Date mit ihm gehen? Wer darf mit dem Bachelor reden? Wer wird ihre letzte Rose kriegen? Dieser Konkurrenzkampf wird nicht immer friedlich ausgetragen – oft fliegen die Fetzen. Dann heißt es für uns ZuschauerInnen: Popcorn holen und genießen.

Interessant ist hierbei, dass die Liebe teilweise ganz in den Hintergrund gerät. Geht es hier vielleicht doch nicht nur um Liebe?

Aber genau das zieht uns an – das Drama. Sei es auch noch so verrückt; wir erfreuen uns voller Maßen an den Zickereien und Streitigkeiten, und das ganz auf den Kosten der TeilnehmerInnen. So bietet der Bachelor die perfekte Bühne für das Schauspiel: Es wird um etwas Begehrtes gekämpft und jede Woche werden es weniger mögliche Gewinnerinnen. Jede weitere Person ist nichts anderes als Konkurrenz! Der wachsende Stresspegel tut in Verbindung mit verrückt spielenden Hormonen sein Restliches.

Die Konditionierung der Kandidatinnen

Es gibt aber noch einen ganz wichtigen Faktor, warum es oft so hochkocht: die Konditionierung. Konditionierung ist der Prozess, bei welchem eine Person die andere mit bestimmten Aussagen und Handlungen formt und ihre Beziehung verändert.

Angewendet auf den Bachelor sieht das so aus: der Bachelor agiert als Charmeur, als Traummann. Schon seit Jahren wird glorifiziert, wie toll doch dieser Bachelor ist. Die Kandidatinnen melden sich erwartungsvoll bei der Show an; in Hoffnung, die Liebe zu finden. Was sie dann erwartet, ist etwas ganz anderes, als das, worauf sie jahrelang konditioniert wurden. Sie haben kaum Möglichkeiten, den Bachelor tatsächlich kennenzulernen, da er immer nur eine oder wenige Frauen auf ein Date mitnimmt. Viele haben gar nicht die Möglichkeit, mit ihm eine richtige Konversation zu führen, bevor sie von ihm rausgewählt werden.

Es werden so mehrere Kandidatinnen enttäuscht, da sie nicht die positive Erfahrung erhalten, die mit dem Auftauchen des Bachelors verknüpft ist. Diese Enttäuschung erhitzt die Stimmung in der Villa und somit auch das Potenzial von Streit. Aber mal ehrlich gesagt: Wer möchte denn auch so gelockt und dann enttäuscht werden?

Dieser Prozess kann äußerst schädlich für die Kandidatinnen sein. Ihnen werden falsche Hoffnungen gemacht und sobald diese gebrochen werden, fängt oft ein selbstzerstörerischer Prozess an. Dabei ist es fast ausschließlich nie die Schuld einer Kandidatin, wenn sie nicht auf ein Date gehen darf. Dem Bachelor passt vielleicht das Auftreten, der Charakter oder das Aussehen nicht, weswegen er eine andere wählt. Aber was können die Kandidatinnen dafür? Nichts! Leider wird dann aber eher an sich selbst die Schuld gesucht, anstatt die sexistische und kritische Natur der Show zu kritisieren.

Wie der Bachelor uns um den Finger wickelt und uns den Kopf verdreht

So ergeben die konditionierte Traumvorstellung und Rivalität eine diffuse Mischung, die Reality-TV-Herzen stärker schlagen lässt.

Aber ist das alles nur Bluff?

Denn man ehrlich gesagt; spiegelt das in irgendeiner Weise die Realität wieder? Die wenigsten werden auf einer Reise mit Singles, die alle dem Schönheitsideal entsprechen, um den Traumprinzen kämpfen, um später seine letzte Rose zu ergattern…

Das enttäuscht uns nicht nur; es stellt ein komplett verzehrtes Bild der Liebe auf. In Kombination mit Social Media, Tinder und Co lässt sich dann relativ schnell erklären, warum unsere Vorstellung der Liebe sich immer mehr wandelt. Da ist die Frage schon berechtigt: “Gibt es noch die wahre Liebe?”

Die Bachelor und ihre Freundinnen selbst erleben es immer wieder. So ist es nicht selten, dass man hört, dass sich die Paare nach der Sendung trennen, wenn sie wieder aus der Traumwelt geholt wurden und in der Realität angekommen sind.

Wenn nicht einmal die Paare aus der Beziehung das Ideal erhalten können, merkt man schnell, dass dies ein extrem unrealistisches ist. Warum also an dieser unerreichbaren Vorstellung festhalten?

Muss der König bald seine Krone abgeben?

Auch, wenn das alles erschaudernd klingt – den Leuten gefällt es. Oder vielleicht besser gesagt – hat es gefallen. Denn auch, wenn das Format noch immer Millionen Menschen vor den Fernseher zieht, sinken die Einschaltquoten rapide. Sie sank von 2018 von 11,0% zu 7,1% in 2021 oder anders gesagt von durchschnittlich 3.373.000 ZuschauerInnen pro Sendung auf circa 2.226.000. So stellt sich für mich die Frage: Wird der Bachelor selbst noch eine Rose erhalten oder sagen wir bald adieu zum “Kultformat”?


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