Maren erzählt von ihrem Mobbing Teil 2

Schön, dass Ihr wieder da seid und dass Ihr Euch angeschaut habt, was die Auswirkungen vom Mobbing bei mir hinterlassen haben.

Ich war nun sehr übergewichtig und jedes Jahr wurde es etwas mehr.

Mein Hass auf meinen Körper und die Wut wurden immer größer mit den Jahren.

Wohlfühlen konnte ich mich nur noch, wenn ich zu Musicals gegangen bin, rasant gefahren bin oder etwas Schönes für mich gekauft habe.

Die Psycholog*Innen und Psychotherapeut*Innen werden schon erahnen, welche Diagnose nach vielen Jahren gestellt wurde.

Doch vorher kamen erst mal die körperlichen Auswirkungen des Übergewichtes.
Als ich nur mal eine Krankmeldung nach einem Norovirus brauchte, stellte der Doc fest, dass ich Bluthochdruck habe und ein Belastungsasthma.

Kurze Zeit später kam dann durch ein Endokrinologikum dazu, dass ich eine schwere Insulinresistenz habe. Mir wurde erklärt, das kommt, wenn die Bauchspeicheldrüse nicht mehr genug Insulin ausschütten kann und sich dadurch mehr Zucker im Blut als Fett einlagern kann. Ich bekam ein Medikament, dass die Bauchspeicheldrüse unterstützt und den Blutzuckerspiegel senkt. Insgeheim könnte es auch zu einer Gewichtsreduktion kommen, hoffte man. Kam es aber nicht.

Ein paar Jahre arbeitete ich also weiter. Ich wechselte genau vier Mal nach meinem Ausbildungsende die Arbeitsstellen. Grund waren öfters die Missstände in den Einrichtungen. Arbeitskräfte wurden verheizt und Bewohner*Innen nicht sorgsam genug betreut und gepflegt. So etwas konnte ich mit meinem Gewissen nicht vereinbaren.

Schon in der Ausbildung musste ich erfahren, dass eine ordentliche Grundpflege jeden Tag, an jedem*r Bewohner*In nicht möglich ist.

Da hingegen waren die Stationen im Krankenhaus personell, wenn mit Bereichspflege gearbeitet wurde, gut besetzt bei meinen Facheinsätzen in der Ausbildung.

Dort bekam ich auch wirklich Praxisanleitung, in den Pflegeeinrichtungen nicht.

Zurück zu mir ;).

Ich arbeitete viel und hatte wenig frei. Ich machte viele Spätdienste und irgendwann lernte ich die Vorteile des Nachtdienstes kennen.

Die Chef*Innen sind nicht da, keine Angehörigen und man konnte sich seine Abläufe selbst erarbeiten und durchführen.

In einer Einrichtung wurde ich dann auch zur Hygienefachkraft fortgebildet. In einer anderen Einrichtung durfte ich die Fortbildung zur Praxisanleitung in Pflegeberufen besuchen.

Gaben die Chef*Innen dafür mehr Zeit und eine angepasste Bezahlung?

Ihr ahnt es sicher schon, nein. Weder das eine noch das andere.

Zudem hatte man auch kaum Zeit, die Auszubildenden anzuleiten. Irgendetwas kam immer dazwischen. Die Schüler*Innen gaben mir auch nicht die Schuld, doch auch sie waren schon angefressen vom Gesundheitssystem. Es gab auch Gespräche zwischen Schule und Arbeitgeber, doch sie führten nie zu etwas.

Ich bekam immer öfters Probleme mit meiner Akne Inversa. Sie brach durch die schon operierten Areale durch. Sowohl Achseln, Brust und auch Leisten waren betroffen. Es gab Tage, da kam ich kaum aus dem Bett vor Schmerzen. Konnte kaum gehen oder die Arme bewegen.

Und trotzdem schaffte ich es, irgendwie zur Arbeit zu kommen und bis Dienstende da zu bleiben.

Zum Arzt wollte ich nicht, von denen hatte ich die Schnauze gestrichen voll.

Also warf ich mir Schmerzmittel ein, verband meine Abszesse und Fisteln und ab ging es zur Arbeit.

Zum Hausarzt ging ich natürlich, musste mir ja mein Rezept für die Blutdruck Tabletten holen.

Als der Arzt hier nicht mehr war, wechselte ich zu einer Ärztin. Doch wirklich aufgehoben fühlte ich mich dort nicht. Sie ging auch dann in Rente und ich wechselte noch einmal zu einem Hausarzt. Der ist gut, mit ihm kann man reden und wenn er nicht weiterweiß, schickt er mich weiter.

Ich erinnere nochmal, ich hatte die Akne inversa, den Bluthochdruck, die Insulinresistenz und das Belastungsasthma.

Dann kam noch mehr dazu.

Nachdem ich mit Herzrasen über Nacht bei meinem Hausarzt war, schrieb er ein EKG. Mit dem ging es ins Krankenhaus und von da aus zu einem Kardiologen für ein Langzeit EKG. Nun kam heraus, dass ich eine Arrhythmia absoluta habe. Das bedeutet, das sich die Vorhöfe nicht normal zusammenziehen und lockern, sondern nur noch zucken und zittern. Ich hatte zeitweise einen Puls von 240 und ich sage Euch, das ist richtig unangenehm.

Tatsächlich hatte ich das „Herzrasen“ an sich schon seit meiner frühen Jugend, doch da fanden die in den Langzeit EKG nichts. Außerdem konnte es ja auch urplötzlich Enden.

Mir half dabei auch kaltes Wasser trinken oder Erbrechen, um es zu stoppen und den Herzschlag zu normalisieren.

Die Gefahr bei dem ganzen ist ein Herzinfarkt oder Schlaganfall, weil die Muskeln beim Herz und das Hirn selbst nicht ausreichend mit sauerstoffreichem Blut versorgt werden. Im schlimmsten Fall wäre ich einfach irgendwann umgekippt!

Also bekam ich noch einen Blutverdünner und ein Herz stabilisierendes Medikament. Zudem bekam ich noch ein Entwässerungsmedikament, da ich Ödeme in den Füßen entwickelt habe. Ödeme sind Wassereinlagerungen, die nicht oder nur teilweise vom Lymph- und Kreislaufsystem zu den Nieren transportiert werden können. Auch Krampfadern können eine Ursache sein.

Nun bekam ich also tatsächlich schon mehr Tabletten als einige meiner Bewohner.

Ende 2012 machte es klick in meinem Kopf und ich trennte mich von meinem damaligen Partner. Den ersten richtigen. Doch ich wollte nicht mehr nur bei ihm zu Hause, bei seinen Eltern im Haus, sein. Denn ich hatte ja meine eigene Wohnung. Eigentlich schlief ich nur dort. Ansonsten war ich arbeiten, im Fitnesscenter oder bei dem Partner halt.

Mich stresste einfach nur noch alles. Mir machte nur noch das Ehrenamt Spaß.

Ich begann mich zum zweiten Mal in meinem Leben selbst zu verletzen. Entweder ich schnitt mir die Arme und Beine auf, ich aß nichts oder ich aß zu viel und erbrach dann.

Ich fühlte mich kurzzeitig dann da, anwesend, real.

Sonst funktionierte ich einfach nur. Zum Glück hatte ich dann einen Termin bei meiner Neurologin und Psychiaterin wegen dem Kapal-Tunnel-Syndrom.

Ich sprach sie auf meine momentane Lage an und sie hörte sich meine Geschichte in Ruhe an. Endlich hörte mir mal jemand richtig zu. Trotzdem war ich sehr gehemmt. Konnte ich ihr wirklich alles erzählen? Mein Hirn meinte, ich solle vorsichtig sein.

Ich bekam eine Einweisung für eine stationäre Psychotherapie und ein Medikament, dass die Anspannung in mir reduzieren sollte und auch die Ängste.

Nun ging also das Telefonieren und Warten auf einen stationären Therapieplatz los.

Letzten Endes fiel meine Entscheidung auf die „Psychotherapeutische Jung Erwachsenen“ Station in Harburg.

Dort war ich drei Monate, über den Jahreswechseln 2013/2014.

Mit der Zeit hatte ich verlernt, wie sich die Gefühle bei mir anfühlten. Was sie in mir auslösten. Meine Grundstimmung war traurig. Ich hatte Ängste, vor allem vor der Zukunft.

Nach Ende der Therapie ging ich erst mal wieder etwas arbeiten und ein halbes Jahr später hatte ich dann eine Psychosomatische Rehabilitation in Bad Bodenteich.

Ich wurde, mal wieder, zum Abnehmen angehalten. Doch zu dieser Zeit war ich sehr mit mir und meinem neuen Lebenspartner beschäftigt.

Danach war ich noch krankgeschrieben. Ich ging jedoch ins Fitnesscenter, denn es gab in meinem Kopf einen Paukenschlag, dass ich es ohne dieses Hilfsmittel alleine nicht schaffen würde, genug abzunehmen.

Letzter Auslöser war das Deichbrand Festival 2016, wo ich mit meinen Cousinen war. Zum einen war ich nicht belastbar, was das weite Schleppen unserer Ausrüstung betraf und es war so warm, als wir das Zelt aufgebaut hatten. Okay, es waren meine beiden Cousinen, die das machten, denn ich durfte mich in der Zeit schon mal ausruhen.

Dann kam der Sonntagmorgen und ich ging alleine los, um mir einen Kaffee zu organisieren. Ein paar Männer, oder sollte ich lieber Idioten sagen, machten sich direkt über mich lustig. „Schaut mal, wie die aufstampft mit ihren dicken Waden“

Okay sagte ich mir, dass tat mal wieder weh. Als die neue Woche dann begann, rief ich gleich im Adipositas Zentrum Rissen an und machte einen Termin klar.

Das Wiegen dort war schon unangenehm, doch es war so wie beim Kardiologen.

Die Waage zeigte knapp über 150 kg an.

Zuerst gab es ein Gespräch mit der Ernährungsberaterin. Später kam noch eine Untersuchung durch die Adipositas Chirurgin dazu.

Beide waren sehr nett. Wir besprochen, was ich nun alles zu beachten und zu tun habe.

Zum einen ging es natürlich weiter zum Sport ins Fitnesscenter, allerdings musste das von den Mitarbeiterinnen dort gegengezeichnet werden. Zum anderen musste ich eine ambulante Verhaltenstherapie machen, wo ich eh schon war. Der letzte Punkt war die Ernährungsberatung. Ich wählte mir gleich die Ernährungstherapeutin vom Adipositas Zentrum aus. Ein Manko, und was mir Sorgen bereitete, waren die Kosten der Therapie.

Die mussten vorgestreckt werden und dann übernahm die Krankenkasse einen bestimmten Anteil nur. Das fand und finde ich immer noch unfair. Denn man will ja was ändern, doch ohne Kohle läuft es halt nicht. Zum Glück war mein Papa immer für mich da.

Er übernahm die Kosten und wieder einmal hatte ich ein schlechtes Gewissen. Doch Papa wollte nur, dass ich meine Ziele erreiche und einfach was aus meinem Leben nach dem Sleeve (Schlauchmagen) mache.

In der Zeit bis zur OP nahm ich 10 kg ab. Zwischendurch bekam ich einen Meniskusriss im linken Knie. Die OP sollte nach der Magenverkleinerung stattfinden.

Beim ersten psychologischen Gutachten war ich gerade in einer depressiven Phase, sodass mir eine OP nicht genehmigt worden wäre. Man schlug mir einen Aufenthalt in der Tagesklinik für junge Erwachsene und Adipöse Patienten vor. Diese besuchte ich dann auch. Im Grunde eine psychosomatische Maßnahme wie in der Rehaklinik nur halt nicht stationär, sondern teilstationär als Tagesklinik von 9.00 bis 16.00 Uhr. Hier wurde alles gemacht, was das multimodale Konzept zur Bariatrischen Operation vorgibt. Heißt, wir hatten Gruppengespräche, Einzelgespräche, Bewegungstherapie, Kochen, Ernährungstherapie und Visiten.

Nun stellte sich dort heraus, dass ich inzwischen durch das Übergewicht eine Atem Apnoe in der Nacht entwickelt hatte.

Dazu bekam ich später noch ein CPAP Gerät, das mit Druck Luft in die Luftröhre pustet. Somit werden Atemaussetzer minimiert und auch das Gaumensegel verdeckt nicht den Kehlkopf, wo die Luft ja durch muss zur Luftröhre. Mir wurde schon anders, als man mir sagte, dass ich einige Atemaussetzer in der Nacht im Labor hatte und deshalb freundete ich mich etwas mit dem Gerät an.

Natürlich lag es mit an mir, jedoch war die Rehaklinik nicht spezialisiert auf Adipöse, die eine bariatrische OP hatten. Psychisch fand ich es okay und ich war viel beim Schwimmen, doch es riss einen Riss in meine Abnehmphase.

So, wir sind jetzt fast in der Gegenwart angekommen.

Nach der Bariatrischen Operation, die am 17.07.2017 stattfand, zeigte die Waage nach rund zwei Wochen 126 kg an. Zwei Monate danach ca. 117 kg und bis zu meiner Aufnahme in der medizinischen Rehabilitation nach der Sleeve OP wog ich etwa 110 kg.

Das Gewicht ging wieder hoch. Ich hatte immer wieder Probleme mit meiner Psyche. Dann wechselte ich die ambulante Therapie. Vorrübergehend begann eine spezielle Gruppentherapie bei der emotional instabilen Persönlichkeitsstörung des Typus Borderline. In der Zwischenzeit wartete ich auf einen Therapieplatz in der Tagesklinik für Posttraumatische Belastungsstörungen und Persönlichkeitsstörungen.

Gerade als die ambulante Gruppe aufhörte, weil beide TherapeutInnen nacheinander die Klinik verließen, bekam ich einen Platz in der Tagesklinik.

Es folgten drei Intervalle mit jeweils 12 Wochen. Eine war etwas kürzer, die letzte etwas länger.

Dort gab es nur das volle Klinik Programm als Tagesklinik und ich lernte viele, sehr nette und liebe „Anders“ kennen.

Was die Klinik nicht geben oder bieten konnte, gaben wir uns gegenseitig. Wertschätzung, offene Ohren, ein warmes Essen oder Kaffee oder bis zu guter Letzt auch die Katzentherapie bei meiner Freundin.

Doch die Klinik legte noch einige Diagnosen dazu.

Darunter wurde die emotional instabile Persönlichkeitsstörung also festgelegt, ebenso die zurückhaltend-vermeidende Persönlichkeitsstörung. Die Essstörungen wurden bei dem Übergewicht nicht näher bezeichnet, doch ich sehe als sowohl als Binge Eating wie auch atypische Bulimia nervosa an. Nach der Tagesklinik suchte ich mir dann eine ambulante Therapie und ich begann die Therapie in der Hochschulambulanz der Medical School in Hamburg. Meine Therapeutin war super und wir konnten gegenseitig in den ca. 1 ½ Jahren lernen. Der Abschied tat letztes Jahr schon sehr weh. Seitdem bin ich mein eigener Therapeut. Ich esse nun wirklich weitestgehend gesund und ausgewogen. Zudem gehe ich jeden Tag meine Runde spazieren und ich treffe mich auch mit den Freund*Innen zum Spazierengehen/wandern durch Hamburg und Umgebung.

Und ich kann gut die Verhaltensmaßnahmen, die ich in der Therapie gelernt habe, umsetzen.

Klar, es gibt bei mir auch Tage, wo gar nichts klappen will, doch ich sag mir dann immer: „Maren, morgen beginnt es einfach Neu“.

Und bei den ganzen Diagnosen kam dann zwischenzeitlich noch eine Schilddrüsenunterfunktion vor.

In dieser ganzen Zeit entwickelten sich bei mir schon Arthrosen in den Hauptgelenken, sodass ich immer wieder eine Entzündung habe und somit Schmerzen. Bei der Szintigrafie stellte sich dann allerdings heraus, dass ich eine Verengung des Rückenmarkkanals im Lendenwirbelsäulenbereich habe, durch zwei Wirbel, die sich gegenseitig verdrehen.

Das verursacht sehr starke Schmerzen im unteren Rücken, mit Ausstrahlung in beide Beine und es ist egal, ob ich sitze, liege oder stehe.

Rein theoretisch sind die Tabletten am Morgen eine Mahlzeit, denn es sind 8 Tabletten.

Zudem muss ich den Morgen sehr gut durchtakten, denn ich darf nicht alle Tabletten auf einmal nehmen, da sie sich gegenseitig behindern, also abschwächen, oder gar die Wirkung erhöhen können.

Bei jedem Zahneingriff muss ich auch daran denken, den Blutverdünner auszusetzen.

Denn seit Beginn der Tagesklinik (127 kg) bis heute bin ich wieder auf 113 kg runter.

Und, ich habe noch was gelernt! Zu schnelles Abnehmen akzeptiert nicht jeder Körper.

Inzwischen hat mich die Rentenversicherung als voll erwerbsgemindert bis zum Regeleintrittsalter der Rente eingestuft.

Fassen wir noch einmal zusammen:

Das Mobbing, was Peter [Name von der Redaktion geändert] und Co. Freude gemacht hat, hat mich zu einem Wrack in jungen Jahren gemacht! Ich habe mehr Diagnosen als viele Rentner*Innen und mehr Schmerzen, Ängste und viel zu viele Emotionen als sehr viele andere Menschen in meinem Altersbereich! Und ich bin durch Dich, Peter, jetzt schon körperlich am Ende angekommen gewesen!

Doch den Triumph, den fahre ich jetzt selbst ein! Du kannst mich nicht mehr klein machen.


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